wir haben eines gemeinsam: Den einen Menschen um den wir uns kümmern sollen.
Sie nennen ihn Patient, wir Bewohner.
Dieser Mensch ist zumeist schon alt und nicht selten multimorbide.
In mehr wie 60% der unseren, sind sie auch noch Demenz krank.
In der Regel wollen wir sogar das selbe: Sein Bestes!
Ja, Sie haben lange Jahre studiert. Einen hochverantwortungsvollen Beruf erlernt. Sie haben Wissen angehäuft, das Leben retten und Gesundheit wieder herstellen kann. Für diese Leistung können Sie auch von mir Respekt erwarten.
Sie arbeiten nicht selten unter echt argen Bedingungen, viele Patienten in immer kürzerer Zeit zu behandeln ist weiß Gott nicht einfach. Jeder dieser Menschen der zu Ihnen kommt, erwartet ja auch, dass Sie sich entsprechend Zeit nehmen.
Meine war deutlich kürzer. 3 Jahre Ausbildung, 6 Wochen Vollzeit Weiterbildung in der Palliativ Care Weiterbildung, 2 Jahre Teilzeitweiterbildung zur Pflegedienstleitung.
Insgesamt 16 Jahre Berufserfahrung.
3 Jahre Ausbildung im Akademischen Lehrkrankenhaus,
4 Jahre Reha und AHB Bereich für körperlich und geistig Behinderte sowie psychisch Kranke,
4 Jahre ambulante Pflege,
mittlerweile 5 Jahre in der Vollstationären Altenpflege, davon 4 Jahre als Pflegedienstleitung.
In dieser Zeit habe ich unzählige Patienten mit unzähligen Krankheitsbildern betreut und unzählige Haus- und Fachärzte kennen gelernt.
Von diesen habe ich Unmengen an Behandlungsansätzen erlebt und deligiert bekommen.
Ich habe auch auch Unmengen an Wissen über Krankheitsbilder und deren Behandlung und Medikation kennen gelernt.
Und noch viel mehr Zeit habe ich damit verbracht, Menschen zu beobachten, Krankheitsverläufe im Auge zu behalten und objektiv einzuschätzen.
Jeder meiner Mitarbeiter hat, wenn auch mit anderen Werdegängen, in den meisten dieser Dinge ebenfalls Unmengen an Erfahrung gesammelt.
Ja, wir rufen Sie an, schreiben Faxbenachrichtigungen, weil irgendein multimorbider Mensch jetzt auch noch Schmerzen hat. Weil er sich als Demenzerkrankter der sich nicht äußern kann, plötzlich im Verhalten ändert. Oder aus Millionen anderer Gründe.
Ja, wir reden Ihnen auch in Ihre Behandlungsvorschläge rein, wenn wir wissen, dass dieses und jenes bei diesem und jenem Bewohner von Ihnen bereits vormals ausprobiert wurde und im besten Fall einfach nur nichts genutzt hat.
Ja, wir werden auch angeordnete Medikamentengaben verweigern, wenn diese z.B. die Tageshöchstdosis überschreitet oder mit anderen Medikamenten nicht verträglich ist. Oder wir verlangen gar, dass Mittel umgestellt werden, z.B. von Kapseln in Tabletten/Tropfen/Sirup. Wir verlangen auch, dass Sie ordentliche Medikamentenpläne inkl. Unterschrift und Stempel rausgeben, unter Umständen verlangen wir sogar, dass das Datum bitte richtig angegeben ist.
Das alles tun wir nicht, weil wir Sie ärgern wollen oder weil wir Ihre Autorität untergraben wollen.
Vieles tun wir einfach, weil wir die letzte Verantwortung tragen, nicht Sie! Wenn wir etwas verabreichen, von dem wir wissen, dass es unter Umständen zu Komplikationen kommen kann, dann trägt der die Verantwortung, der dieses Mittel verabreicht. Nur auf einem Medikamentenplan (im schrecklichsten Fall ohne richtiges Datum/Unterschrift/Stempel) kann sich niemand von uns ausruhen.
Vertrauen Sie doch auch uns, wenn wir Ihnen etwas mitteilen. In der Regel hat es genauso Hand und Fuß, wie Ihre Erfahrungen.
Sie haben schon vieles von der Pflegefront erlebt, was Quark war? Glauben Sie mir, wir von der Ärztlichen Front auch!
Und ja, in pflegerischen Dingen sind WIR die Fachleute.
Wenn Sie respektvoll ernst genommen werden wollen, so brauchen Sie nur 2 Dinge tun:
1. Seien Sie sorgsam zu unseren gemeinsamen Sorgenkindern.
2. Behandeln Sie auch uns respektvoll und nehmen Sie uns ernst.
Jeder von uns Fachmann – auf seinem Gebiet.
Auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit,
Ihre Oberschwester Hildegard
P.S.: Danke an die vielen, vielen Haus- und Fachärzte da draußen, denen dieser Schuh nicht passt 🙂